Wie wäre es, sein Glück einmal irgendwo anders auf der Welt zu suchen? Raus aus dem heimischen Hamsterrad, dem Leben ein neues Kapitel hinzufügen und ausprobieren, wie es sich in anderen Ländern mit anderen Sitten lebt.
Darüber nachgedacht hat laut aktuellen Umfragen schon jeder zweite Deutsche. Und immerhin jeder fünfte beschäftigt sich irgendwann in seinem Leben ernsthafter mit dem Gedanken. Der Liebe, des Klimas, des Studiums, der Arbeit, der Steuer, des Abenteuers wegen – Gründe gibt es genug.
In den vergangenen zehn Jahren sind laut Statistischem Bundesamt rund 1,9 Millionen Bundesbürger ausgewandert. In der gleichen Zeit kamen rund 1,4 Millionen wieder zurück. Genaue Untersuchungen, wer warum für wie lange wohin verzog, gibt es nicht. Aber die Zahl der Auswanderer und Aussteiger scheint (die Corona-Jahre ausgenommen) regelmäßig zu steigen.
Einer YouGov-Umfrage aus dem Jahr 2022 zufolge wird der Auswanderungswunsch insbesondere mit der Hoffnung auf weniger Stress, höhere Lebensqualität und schöneres Wetter verbunden. Die Sehnsucht nach mehr Sonnenstunden mag sich noch erfüllen, das entspanntere Leben hingegen ist nur mit einem mitgebrachten finanziellen Polster möglich. Sich in einem fremden Kulturkreis und in einer anderen Sprache eine berufliche Existenz und soziale Kontakte aufzubauen, gestaltet sich erfahrungsgemäß schwieriger als in der alten Heimat.
Gut 200 Länder gibt es derzeit auf der Erde. Filtert man diese nach elementaren Voraussetzungen wie politischer Stabilität, persönlicher Sicherheit, medizinischer Versorgung, Sicherheit vor Naturkatastrophen, Möglichkeiten von Aufenthalt und Existenzgründung, Lebenshaltungskosten und Lebensqualität, bleiben davon erstaunlich wenige als potentielle Kandidaten für die Wahl eines neues Lebensmittelpunktes übrig. Das Spektrum der unterschiedlichen Motive hat sich angesichts der kumulierten Krisenlagen der letzten Jahre etwas verschoben. Zu den wesentlichen Auslösern einer möglichen Emigration zählen inzwischen die Ängste vor einem Krieg oder einem Finanzcrash sowie ein allgemeines Unwohlsein angesichts der sozioökonomischen und politischen Umbrüche in Deutschland und der EU.
„Unter den Reichen und Vermögenden gibt es in Deutschland kaum noch einen, der nicht längst einen Plan B entwickelt hätte, wie es auch ohne das so genannte Vaterland weitergehen könnte. Die Erfolgreichsten haben ihre Wohnsitze in der Schweiz, London, Salzburg oder den USA liebgewonnen“, schrieb Ende Oktober die „Welt“. Sie suchen eine Umgebung, in der sie ihre Fähigkeiten umsetzen und steigern können, statt sich ihrer berauben zu lassen.
SCHWEIZ
Föderale Republik in Mitteleuropa, Sprachen: deutsch, französisch, italienisch, rätoromanisch, 41.285 km2, 8,7 Mio. Einwohner, 212 Einwohner je km2, BIP/Einwohner 84.469 US$
KRITERIEN
Sicherheit/Medizinische Versorgung
Politische Stabilität/Rechtsstaatlichkeit
Sicherheit vor Naturgefahren
Kaufkraft, Preisniveau
Firmengründung, Arbeitserlaubnis
Einwanderung, Aufenthaltsgenehmigung
Lebensqualität*
Immobilien, Preisniveau
Gesamtscoring: 3,50 von 5
Das Alpenland pflegt Neutralität und Mitbestimmung, lockt mit niedrigen Steuern, gut bezahlten Jobs und grandiosen Berglandschaften. Über 300.000 Deutsche leben derzeit in der Schweiz. Lebenshaltungskosten und Immobilienpreise sind sehr hoch. EU-Bürger mit Aufenthaltsbewilligung sind beim Immobilienkauf Schweizer Staatsbürgern gleichgestellt.
Aber eine erfolgreiche Auswanderung, soll sie gelingen, braucht eine gute Vorbereitung und Planung. Auch wenn Bauchgefühl oder persönliche Empfehlungen und Erfahrungen bei der Entscheidungsfindung eine bedeutende Rolle spielen, kann eine kritisch- rationale Herangehensweise auf der Grundlage neutraler Fakten jedenfalls helfen, Fehler (also Fehlinvestitionen) zu vermeiden. Die Entscheidungsparameter, anhand derer ein Ziel ausgewählt wird, korrelieren unmittelbar mit den Hauptmotiven des oder der Auswanderungswilligen. Die wesentlichen Motive können sein: ein angenehmeres Wetter, höhere Verdienstmöglichkeiten, niedrigere Steuern, geringere Lebenshaltungskosten, besseres unternehmerisches Klima, weniger staatliche Bevormundung, eine neue Staatsbürgerschaft et cetera.
Auf der anderen Seite bedarf es einiger Kriterien, die es ermöglichen, potentielle Auswanderungsziele für jedes einzelne Motiv miteinander auf Grundlage objektiver Vergleichsgrößen (Indizes) zu ermitteln und in Einklang zu bringen.
Die Vergabe von „Noten“, konkret: von Kennwerten anhand einer Rating-Skala, ist aus der Finanzwirtschaft beispielsweise zur Einstufung der Kreditwürdigkeit eines Staates weit bekannt (siehe etwa Moody’s, S&P, Fitch). Seit Jahren wurden auf wissenschaftlicher Basis für immer mehr Bereiche Indizes entwickelt, die einen Vergleich der Länder miteinander und deren jeweilige Entwicklung messbar machen. Letztlich sollen dadurch verlässlichere Entscheidungskriterien geschaffen werden. Bekannte Indizes dieser Art sind zum Beispiel der Human Development Index (auch als Wohlstandsindikator bekannt) der Vereinten Nationen oder der Korruptionsindex (Corruption Perceptions Index) von Transparency International.
Gemeinsam mit der RiskCompass GmbH, einem Unternehmen, das Quellen und Fakten aus aller Welt analysiert, hat BELLEVUE eine Liste von zwölf für Aussteiger geeigneten Ländern zusammengestellt. Dazu zählen die südeuropäischen Klassiker Spanien, Italien, Frankreich und Portugal, Österreich und die Schweiz, Dänemark und Schweden, die traditionellen Auswanderer- Länder Kanada und Australien sowie die „Exoten“ Costa Rica und Uruguay.
Ein wichtiger Hinweis noch: Wir haben diese Faktoren nicht aus der Perspektive junger Leute bewertet, sondern eher aus der Sicht von Menschen, die sich in der zweiten Hälfte ihres Lebens befinden und die bei überschaubaren Risiken noch einmal etwas Neues wagen möchten.
Quelle: Claus-Peter Haller, Bellvue und Wolfgang Koestner und Jörg Nubert, RiskCompass